Abruzzen 2011

Nach langer Vorbereitung war ursprünglich eine Alpenüberquerung von Oberstdorf an den Lago Maggiore vom 17.07. bis 24.07. 2011 geplant. Leider war die Wetterprognose so schlecht und es hatte bereits tief in den Bergen heruntergeschneit so daß dieses Vorhaben unmöglich wurde. Am 17.07. trafen wir uns deshalb um Alternativen zu besprechen. Da ich schon Bike-Berichte über die Abruzzen gelesen hatte und die Wetterprognose dort sehr gut war haben wir uns ganz schnell entschlossen am nächsten Tag nach Italien zu fahren. Wir haben uns eine Tour herausgesucht die im Mountainbike-Magazin von Achim Zahn (Serac Joe) veröffentlicht wurde. Im Internet konnte hierzu auch der GPS-Track heruntergeladen werden.

Am Abend des 18.07. fuhren wir vier Wurzelhopser (Klaus Pfundstein, Klaus Matt, Franz Lehmann und Roland Dobrindt) mit dem VW-Caddy von Klaus P. In die Abruzzen. Die knapp 1100 km fuhren wir in der Nacht durch und schliefen abwechselnd. Am Morgen wurden wir schon in Italien bei warmen Temperaturen von der aufgehenden Sonne begrüßt. Über die Autobahn die am Meer verläuft fuhren wir nach Teramo wo wir Frühstückten und uns eine Wanderkarte besorgten. Danach ging es weiter zu unserem Startort Isola del Gran Sasso auf 415m Meereshöhe. Nach anfänglichen technischen Schwierigkeiten und Reperaturen an den Rädern ging es schließlich mit Bike und Rucksack los.

Zunächst fuhren wir auf einsamer Teerstraße bergauf vorbei an kleinen Bergdörfern bis auf eine Höhe von 1075 m, danach ging es weiter auf einer Forststraße die in einen Wanderweg mündete. Das Fahrrad teils schiebend teils tragend mussten wir eine Schlucht überwinden, weiter ging es auf einer Forststraße wellenförmig am Hang entlang. Danach folgte ein zunächst steiler Anstieg mit einer längeren Schiebepassage, schließlich erreichten wir auf wieder gut fahrbaren Weg Colle Cima Alta auf 1635 m mit den Übergang ins nächste Tal. Wir fuhren dann zunächst bergab in das Skigebiet Prati di Tivo auf 1430 m wo wir eine Bierpause einlegten. Telefonisch wolllten wir ein Zimmer weiter unten im Tal bekommen, es hagelte aber nur Absagen. Nachdem der Abend näherrückte und auch noch kalter Wind aufkam entschlossen wir uns im Albergo im Skigebiet zu übernachten. Die Zimmer waren in Ordnung, die Verpflegung jedoch das schlechteste was wir auf der gesamten Tour bekamen.

Nachdem wir gut ausgeschlafen hatten und nicht komplett vom Tal aus starten mussten ging es gleich richtig zur Sache und wir fuhren steil bergauf, es kam jedoch bald ein längeres Schiebestück, starker Seitenwind erschwerte den Aufstieg. Nach Querung von kleinen Altschneefeldern und einen steilen Finalanstieg erreichten wir den Passo del Lucio auf 2156 m Höhe. Auf wunderbar fahrbaren Singletrail ging es bei heftigen Wind bergab zum Campo Imperatore. Auf Teerstraße ging es weiter bergab zur 200 km² großen Hochebene auf der sich außer Rinderherden keine Zivilisation befindet. Hier wurden mehrere Italo-Western abgedreht. Weiter bergab ging es auf teilweise kaum erkennbaren Wanderwegen in den Ort Castel del Monte, dem eigentlichen Etappenziel. Da wir am Morgen durch unseren Start am Berg Strecke und Zeit eingespart hatten fuhren wir noch einen Teil der 3.Etappe weiter bis zu dem malerischen Bergdorf San Stefano di Sessanio auf 1251 m. Dort übernachteten wir in einer kleinen einfachen Pension. Das Essen war sehr gut insbesondere die selbstgemachten Nudeln.

Am nächsten Tag entschlossen wir uns aus Mangel von Übernachtungsmöglichkeiten auf der Strecke zu einer sehr langen Etappe bei der wir den Rest der 3.Etappe und die komplette 4.Etappe zu Ende fahren wollten.

Bei sehr heißen Temperaturen ging es zunächst südlich des Gran Sasso über eine längere Strecke bergauf und bergab. Abseits der Zivilisation fuhren wir auf grobschottiger Piste bei der uns mehrere Panzer begegneten (Panzerfahrschule!) hinauf Richtung La Forchetta. Auf einem mit Dornengestrüpp teils zugewachsenen Trail ging es wieder bergab, ohne GPS hätten wir den Weg kaum gefunden. Danach folgte der lange sonnenausgesetzte steile Anstieg hinauf auf den Sattel des Monte Lenca auf 2125 m. Wieder bergab gings über Pfad und Wiese zur abgesperrten Schutzhütte Rifugio Antonella (1700 m). Auf Schotterpiste und später Teer verloren wir wieder die hart erkämpften Höhenmeter bis Ortolano (1017 m). Schon ausgepumpt kamen wir dort an, das Ziel war jedoch der Lago die Campotosto 300 Meter höher. Nach Genuß eines großen kühlen Bieres sowie eines Energiegels kamen die Kräfte zurück und der finale Anstieg war kein Problem mehr. Belohnt wurden wir mit einer wundervollen Abendstimmung am malerisch gelegenen Lago di Campotosto.

Die Übernachtung erfolgte im einfachen Albergo, das Abendessen war genial, insbesondere der hervorragend zubereitete Fisch aus dem Lago. Wir genossen noch als die letzte Gäste den Wein und fielen dann erschöpft ins Bett.

Am nächsten Tag wollten wir in Pioniermanier einen in der Karte eingezeichneten jedoch auch von Serac Joe nicht benutzten Wanderweg fahren. Dieser Versuch scheiterte jedoch bald da die Wege fast garnicht markiert sind, vielfach von Gestrüpp zugewachsen sind und Tierpfade in die Irre leiten.

Wir kehrten also um und fuhren die Originalroute auf Asphalt viele Kilometer ins nächste Tal. Auf Teer ging es weiter bergauf nach Villanova ( 984 m) wo wir Mittagspause machten und das Essen mit 2 Hunden teilten. Abenteuerlich ging es dann im Wald in einem kaum erkennbaren Weg, später in einem ausgetrockneten Bachbett bergauf, ohne GPS hätten wir nicht an ein weiterkommen geglaubt. Schließlich erreichten wir auf einem gut fahrbaren Pfad die Forca Copelli. Weiter ging es auf Schotterpiste, es fand sich sogar erstaunlicherweise eine Wegmarkierung ,zur Forca di Pantani (1624 m). Nach einer Pause in einer Rifugio und dem Kauf einer neuen Wanderkarte ging es nun auf ausgewiesener und gut markierter Bikeroute einen Bergkamm um einen Talkessel entlag bei einen traumhaften Panorama zum malerisch gelegenen Bergdorf Casteluccio (1453 m). Dort übernachteten wir in einer neu renovierten sehr empfehlenswerten Privatpension. Das Abendessen war sehr gut, auch der Wein schmeckte vorzüglich, die Menge ließ sich jedoch kaum mehr kontrollieren. Am Morgen erwartete uns ein Kuchenbuffet mit 10 verschiedenen Kuchen. Bei leichten Regen starteten wir, nach 500 m konnten wir aber bereits wieder die Regenjacke ausziehen. Bergauf ging es auf der anderen Talseite auf herrlich fahrbaren Singletrail bis zum Übergang nördlich des Monte Vettore. Bergab folgte eine längere Schiebe und Tragepassage, wobei Franz auch schwerere Downhillpassagen im Sattel bewältigte. Nach wieder für alle fahrbaren Passagen erreichten wir das Tal und fuhren noch auf Teer hoch zum Ziel der 6. Etappe, Montemonaco auf 988 m. Da aus Zeitgründen (notwendige Rückfahrt mit dem Fahrrad zum Start) die 7. Originaletappe sowieso nicht in Frage kam fuhren wir noch 35 km weiter auf Teer nach Ascoli Piceno, dort fanden wir in einer Privatpension bei einer Olivenbaumplantage ein Nachtquartier. In einer kleinen Nebenerwerbsgaststätte bekamen wir dann das üppigste Abendessen der gesamten Tour vorgesetzt, die Antipasti-Gänge fanden kein Ende, zum Abschluß wurde uns im Preis inbegriffen noch das gesamte Spirituosen-Sortiment zum Kosten zur Verfügung gestellt.

Am letzten Tag ging es auf Asphalt durch eine schöne Hügellandschaft zurück zu unseren Ausgangspunkt Isola del Gran Sasso, bei diesen 70 Kilometern wurden immerhin über 1000 Höhenmeter noch bezwungen. Eine kulinarische Überraschung der besonderen Art erlebten wir bei einer Pause in Teramo. In einem Cafe bestellten wir vier Bier, für die wir 20 Euro bezahlten. Als kostenlose Dreingabe wurden uns jedoch insgesamt vier Platten mit belegten Brötchen, Pizzaschnitten, frittierten Oliven sowie kleinen Salatschälchen an den Tisch gebracht. Nachdem wir alles verzehrt hatten waren wir restlos satt.

Am Ausgangspunkt der Tour angekommen verstauten wir unsere Räder und fuhren noch mit dem Auto an den Adria-Strand. Leider kam ein Gewitter auf sodaß das Baden im Meer nur sehr kurz ausfiel, es war aber herrlich.

Wir machten uns dann auf die lange Rückreise und kamen um 3 Uhr in der Nacht wieder im Kinzigtal an.

Es war eine herrliche, konditionell und technisch schwierige Tour in einer grandiosen Berglandschaft mit vielen kulinarischen Highlights.

Roland Dobrindt